Aus der Pressekonferenz von Bun­des­kanzler­in Angela Merkel

Am Donnerstag letzter Woche trat Angela Merkel vor die Hauptstadtpresse, sie hatte dazu extra ihren Urlaub unterbrochen. Nach ihrem Eingangs-Statement hatten Journalisten Gelegenheit, Fragen zu stellen. Und die erste Frage zum Thema Türkei stellte Celal Özcan von der Zeitung Hürriyet:

Frau Bundeskanzlerin, wie intensiv verfolgen Sie zur Zeit die Entwicklung in der Türkei?

Ich verfolge die Entwicklung in der Türkei sehr intensiv, ich habe auch mit dem türkischen Präsidenten bereits nach dem Putschversuch telefoniert.

Ich möchte dazu sagen: Es ist selbstverständlich, dass, wenn es einen solchen Putschversuch in einem Land gibt, es wichtig und richtig ist, gegen die Putschisten vorzugehen, mit allen Mitteln und allen Möglichkeiten des Rechtsstaates.

In einem Rechtsstaat – und das ist das, was mir Sorgen bereitet und was ich eben auch sehr auf­merk­sam verfolge – gilt allerdings das Prinzip der Ver­hält­nis­mäßig­keit. Dieses Prin­zip der Ver­hält­nis­mäßigkeit muss unter allen Umständen gewährleistet sein. Und die Sorge besteht darin, dass hier doch sehr hart vorgegangen wird und dieses Prinzip der Ver­hält­nis­mäßig­keit vielleicht nicht immer im Zentrum steht.

Ich habe auch mit dem türkischen Präsidenten, Herrn Erdogan, darüber ge­sprochen, und ich glaube, es ist – gerade auch angesichts der Tatsache, dass 3 Mio. Menschen mit türkischen Wurzeln hier in Deutschland leben – für uns von allergrößtem Interesse, dass die Entwicklung in der Türkei diesem Gebot der Verhältnismäßigkeit ent­spricht.
Und deshalb also: sehr intensives Verfolgen durch mich!

“Intensiv” verfolgt die Bundeskanzlerin die Entwicklung in der Türkei, aber warum eigentlich? Dahin zielte eine weitere Frage eines türkischen Journalisten, Ahmet Külahçı, Büroleiter der Zeitung Hürriyet in Deutschland:

Frau Bundeskanzlerin, wie würden Sie zur Zeit die Beziehungen zwischen Ankara und Berlin bezeichnen? Darüber hinaus: Wann wollen Sie oder werden Sie den türkischen Staatspräsidenten persönlich oder elektronisch wieder treffen, und was würden Sie ihm am liebsten sagen?

Also, ein Treffen wird es mit Sicherheit geben. Spätestens beim G-20-Gipfel in Hangzhou Anfang September. Und ich sagte ja erst schon, dass ich die Ent­wick­lung sehr genau beobachte und auch mit Sor­ge beobachte.

Und wann immer wir uns getroffen haben – wir haben jetzt auch das Gespräch in Warschau miteinander gehabt, beim NATO-Gipfel – tauschen wir uns aus. Und das ist ein ehrlicher Austausch, das heißt, dass man nicht immer einer Meinung ist, das versteht sich dann von selbst.
Und ich sage nochmal: Bei uns leben – und das sind Menschen, für die ich mich genau so verantwortlich fühle, wie die, die schon jahrhundertelang deutsche Wurzeln haben – drei Millionen türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger. Und die sollen wissen, dass sie alle Rechte und alle Pflichten unseres Staates hier haben und dass wir wissen, dass sie sehr viel auch zum Wohl Deutschlands beigetragen haben.
Und schon daraus ergibt sich eine Verantwortung, im Gespräch zu bleiben, im Kontakt zu bleiben, selbst, wenn man unterschiedliche Meinungen hat.

Eine kurze und knappe Antwort, mit der Frau Merkel die Frage, was Sie dem Präsidenten Erdogan bei einem Treffen sagen würde, nicht beantwortet hat: In Kontakt bleiben, auch wenn man unterschiedliche Meinungen hat?

Ein weiterer Journalist fragte bzgl. der in der Türkei, in Incirlik, stationierten Soldaten der Bundeswehr nach:

Frau Bundeskanzlerin, sie haben gerade das Gespräch mit Herrn Erdogan in Warschau angesprochen, da wurde ja auch der geplante und bisher abgelehnte Besuch von Bundestagsabgeordneten in Incirlik, bei ihren eigenen Soldaten sozusagen, angesprochen. Können Sie uns nochmal schildern, welche Forderungen … also: die türkische Seite hat ja halböffentlich Forderungen aufgestellt, eine Distanzierung von der Armenien-Resolution …
Was war der Inhalt des Gesprächs, oder was sind die Vorraussetzungen, damit diese Besuche stattfinden können?
Und ist es für Sie vorstellbar, dass dieser Bundeswehreinsatz fortgesetzt wird, wenn weiterhin Bundestagsabgeordnete diese Basis nicht besuchen dürfen?

Ich habe in dem Gespräch – und mehr möchte ich darüber auch nicht sagen – deutlich gemacht, dass wir in Deutschland eine Parlamentsarmee haben, dass der Deutsche Bundestag über jeden Bundeswehr-Einsatz beschließt, und deshalb die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auch die Möglichkeit haben müssen, ihre Soldaten zu besuchen. Und jetzt arbeiten wir weiter daran, dass das möglich ist.

Man arbeitet dran. Es wäre sicher interessant gewesen zu hören, ob und gegebenfalls welche Voraussetzungen aus türkischer Sicht erfüllt sein müssen, was die türkische Seite fordert, damit deutsche Bundestagsabgeordnete “Ihre” Soldaten in Incirlik besuchen dürfen. Nun gut, man arbeitet daran.

Der türkische Präsident fordert mehr Unterstützung beim Kampf gegen den Terrorismus. Er meint damit auch das türkische Vorgehen gehen die PKK. Und so hatte er vor ein paar Tagen der ARD gesagt:

Bakın, ben bir Müslimanım. Halkının büyük bir coğunluğu Müsliman olan bir ülkenin cumhurbaşkanıyım. Biz ülkemiz’de otuz yıldır, otuzbeş yıldır terör’le mücadele ediyoruz.

Ya, bu teröristlerin büyük bir coğu Almanyada beslenior. Almanya bunlara cok ciddi destek veriyor. Ben bunlarlı ilgili Sayın Şansölye’ye dört bin dosya verdim. Ve Sayın Şansölye’ye sorduğum da, ne yaptiniz diye: işte yargı devam ediyor. Şu anda şu dosyaları sayısı dört bin beş yüz oldu, dedi.

Bakın, geciken adalet adalet değildir. Ve şu anda bu teröristler Almanya’da yaşıyor, Fransa’da yaşıyor, Belcika’da yaşıyor, Holland’da yaşıyor.

Ve bizim bunlarla ilgili istihbaratımız, bu bilgileri aktardığı halde, bu teröristler bize testim edilmiyor.

Bir defa: terörizimde mücadelede ortak mücadele şart. Eğer bu ortak mücadele yapılmazsa, Almanyanın da başi dertli’dir, Fransanın da, Hollandanın da, Belcikanın da, tüm Avrupa ülkelerinin başı dertli’dir. Dünyanın başı dertliyiz!

Da hat er die PKK und die IS-Terroristen in einen Topf geworfen und entsprechend ist auch die letzte Frage eines Journalisten an Angela Merkel in der Pressekonferenz am Donnerstag formuliert:

Der Präsident Erdogan hat mehr Unterstützung im Kampf gegen Terrorismus gefordert. Er hat gesagt, dass er Ihnen viertausend Akten übergeben hat. Werden Sie die Unterstützung verstärken, was die PKK angeht? Und auch die Aufarbeitung des Putschversuches, was der Gülen-Bewegung vorgeworfen wird, gemacht zu haben?

Ich habe mit dem türkischen Präsidenten Erdogan sehr oft über den Kampf gegen die PKK gesprochen, immer wieder deutlich gemacht: die PKK ist verboten und bei uns als terroristische Organisation eingestuft.

Jeder dieser Akten gehen wir nach, Wir sind allerdings an die rechtsstaatlichen Verfahren gebunden, die es in Deutschland zu großen Teilen auch gibt.

Die Frage ist ja immer dann die Frage der Auslieferung auch an die Türkei. Und hier müssen wir den rechtsstaatlichen Prinzipien folgen.

Das heißt aber nicht, dass wir nicht gemeinsam mit der Türkei die PKK be­kämpfen. Sondern, im Gegenteil: wir tun das.
Und wo immer es Ansätze und Beweise gibt, dass Straftaten begangen wurden, werden wir natürlich mit der Türkei aufs Engste zusammenarbeiten.

Ja, soweit ein paar Originaltöne zum Thema Türkei, Erdogan und zur Terrorismus­be­kämpfung aus der Pressekonferenz von Bundes­kanzlerin Angela Merkel am letzten Donnerstag.