CSU-Arbeitskreis Migration und Integration diskutiert über Flucht und Migration als sicherheitspolitische Herausforderung

Der Arbeitskreis Migration und Integration (AK MIG) in der CSU existiert seit gut 3 Jahren. Er sieht sich als eine Art Bindeglied zwischen der CSU und Menschen aus verschiedenen Migranten-Communities, will Ideen und Werte der CSU dort bekannt machen und umgekehrt – durch rege Kontakte – Anliegen aus Migranten-Communities aktiv in die CSU hinein tragen. Der Arbeitskreis ist – bisher – in 5 Bezirksverbänden organisiert.
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Am Dienstagabend traf sich der AK MIG Bezirksverband München zur einer “offenen” Vorstandssitzung. Offen, das heißt, es können neben Mitgliedern auch andere interessierte Personen teilnehmen und mitdiskutieren. Gut 20 Personen haben an der Versammlung teilgenommen.

Es ging im Sitzungssaal der CSU-Landesleitung nicht um die Migrationspolitk der CSU, wie sie im Masterplan von Bundesinnenminister Horst Seehofer zusammengefasst ist. Man kam aber später in der Diskussion – durchaus auch kritisch – kurz darauf zu sprechen. Auch darauf, dass die Diskussion über den Masterplan in der Öffentlichkeit in der Hauptsache um die Frage der Grenzkontrollen kreist, die ja nur ein kleiner Teil des Masterplans seien. Aber auch die Strenge von Rückführungsmaßnahmen wurde nicht von allen Anwesenden gutgeheißen.

Aber zurück zur Sitzung, deren Thema war explizit “Flucht und Migration: eine sicherheitspolitische Herausforderung” – und dazu gab es einen einführenden Impulsvortrag als Grundlage für die danach folgende Diskussion.

David Zekhariafamil (Bayerisches Landeskriminalamt), Beisitzer im Vorstand des Münchner AK MIG Foto: Michael Lucan
David Zekhariafamil (Bayerisches Landeskriminalamt), Beisitzer im Vorstand des Münchner AK MIG
Foto: Michael Lucan

Als Referent stand ­­­­David Zekhariafamil, Beisitzer im Vorstand des Münchner AK MIG, zur Verfügung. David Zekhariafamil, beim Bayerischen Landeskriminalamt im Bereich Terrorismusbekämpfung tätig, stammt selbst aus dem Iran und hat sich bereits während seines Studiums – auch privat – mit dem Nahen Osten und den dortigen Konflikten beschäftigt.

In seinem Vortrag ging es dann zunächst um die Vielzahl von möglichen Ursachen für Migration. Ursachen, die von Land zu Land unterschiedlich sein können.

Von David Zekhariafamil kurz zusammengefasst: Armut, Perspektivlosigkeit, Natur- und Umweltkatastrophen (Klimawandel), individuelle Verfolgung (Rasse, Religion, sexuelle Orientierung, poltische Arbeit usw.)

Die oftmals erzwungene Migration (= Flucht), erläuterte Zekhariafamil, entwickele sich sich in der Regel von einer Binnen- und Regionalflucht zu einer überregionalen Flucht, deren Auswirkungen Europa und Deutschland Jahr 2015 erlebt haben.

Wirklich neu ist das nicht: bereits im Sommer 2006, so Zekhariafamil, kam ein deutsches Nachrichtenmagazin mit einer Titelgeschichte über eine “Fluchtwelle” heraus (“Ansturm der Armen – Die neue Völkerwanderung”). Der Artikel von damals beschreibe im Grunde bereits die heutige Situation, auch was Gründe und Begleiterscheinungen betrifft. (Ein anderer Artikel aus dieser Zeit: “Flucht aus Afrika – ‘Mir bleibt nichts anderes, als es zu versuchen’“).

Anders sind heute einige geografischen Details – also Herkunftsländer und Fluchtrouten.

Etwa die Hälfte der Flüchtlinge komme heute, so David Zekhariafamil, aus Syrien, aus Afghanistan und aus dem Süd-Sudan. Vor allem die Länder in deren Nachbarschaft sind von der Massenflucht belastet: die Türkei, Pakistan, der Libanon usw. Diese Länder müssen mit der Masse der Geflüchteten klarkommen – in Europa und in auch in Deutschlande sehen wir vergleichsweise wenige Flüchtlinge.

Besonders interessant am Vortrag: Eine Karte der Konflikparteien und ihrer kriegerischen Beziehungen untereinander (grafisch aufbereitet) sowie eine Karte mit Fluchtrouten – die zum Teil jahrhundertealten Handelswegen entsprechen.

Fluchtwege, Fluchtrouten (aus dem Vortrag von David Zekhariafamil)
Fluchtwege, Fluchtrouten
(aus dem Vortrag von David Zekhariafamil)

Fluchtrouten allerdings könne kann nicht wirkungsvoll abschneiden z.B. durch das Schließen von Grenzen, sagt David Zekhariafamil. Denn dann würden einfach Umwege genommen: “Dann geht man eben durch die Wüste. Es wird einfach nur gefährlicher”. Und auch die Wege über das Mittelmeer könne man nicht wirklich sperren: “Egal, wieviele Menschen dort ertrinken: Sie werden kommen. Es ändern sich nur die Routen.”

Am Ende zieht David Zekhariafamil eine Art Fazit: “Im Grunde können wir froh sein, dass es im Jahr 2015 zu der großen Zahl von Flüchtlingen kam, denn dadurch ist es uns wirklich bewußt geworden, dass man hier etwas tun muss.” Ansonsten wäre der Ernst der Lage wohl kaum erkannt worden.

Dass besonders durch die nach dem zweiten Weltkrieg willkürlich gezogenen Staatsgrenzen, die Clans und Stämme getrennt haben, viele Probleme entstanden sind, die sich bis heute auswirken, kam zur Sprache. Was man tun kann, um Fluchtursachen zu verhindern und wie eine weiter ausgebaute Enwicklungspolitik aussehen könnte, all dies wurde angerissen und diskutiert.

Man darf wohl sagen, dass der Vortrag samt Diskussion als Grundlage für eine Meinungsbildung im Arbeitskreis dient, die noch fortgeführt wird und werden muss. Dies gilt auch für die Frage der Rückführung von abgelehnten Asylsuchenden. Ja, die sollten, die müssten zurückgeführt werden, das sei schon richtig, meinte eine Stimme aus der Versammlung, und – ausdrücklich als Anregung an die CSU bezeichnet: Wer sich in einer Ausbildung bzw. in einem Arbeitsverhältniss befinde, Menschen von denen unsere Gesellschaft profitieren könne, Menschen für die sich andere einsetzen, sei es aus Helferkreisen oder aus der Wirtschaft und den Betrieben, solche Menschen müsse man nicht abschieben.

Ein weiterer Gast der Veranstaltung, Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt München äußerte seine Freude darüber, dass nunmehr auch die CSU sich intensiv mit dem Thema Migration und Integration beschäftige und dass sich der Arbeitskreis Migration und Integration gegründet hat: “Ich begrüße das sehr und bedanke mich bei den Mitgliedern. Es freut mich auch aus der Richtung der Regierungspartei zu hören, dass Vielfältigkeit – wir sagen: Multikulti – etwas Gutes ist. Vielleicht können wir sogar in München und Bayern gemeinsam an diesem Themenkreis arbeiten. Ich habe bemerkt und es freut mich, dass auch die CSU nicht nur über Migranten spricht sondern Migranten hier auch etwas zu sagen haben.”