Der Regisseur Dominik Graf wird mit dem Filmpreis der Landeshauptstadt München ausgezeichnet. Der Kulturausschuss des Stadtrates bestätigte in seiner gestrigen Sitzung mit dieser Entscheidung den Vorschlag der Jury. Der Filmpreis ist die höchste städtische Auszeichnung im Bereich Film und wird für das herausragende Gesamtwerk von Filmschaffenden vergeben, die in ihrem Werk eine deutliche Beziehung zu München erkennen lassen. Der Filmpreis wird alle drei Jahre vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert.
Jurybegründung (Auszug):
„Er wurde nicht nur in München geboren, studierte hier Germanistik und Musikwissenschaften an der LMU, um sich dann an der HFF München als Regisseur ausbilden zu lassen – nein, Dominik Graf ist der Stadt, die weiterhin sein Wohnort ist, auch in seinem künstlerischen Werk auf enge, freundschaftliche Weise verbunden. Immer wieder beschäftigte Graf sich mit ihr, fahndete in ihr und ihren Einwohner*innen nach verborgenen Spuren, die zu tieferen Erkenntnissen führen könnten, Selbstreflektion inklusive. (…)
Mit München ist Graf mittlerweile stark verwachsen, auch wenn sein Regieblick immer wieder über die Stadtgrenzen hinausschweifte.
Sein jüngster, preisgekrönter Kinofilm, ‚Fabian oder Der Gang vor die Hunde‘ nach dem Roman von Erich Kästner, spielt der Vorlage gemäß im Berlin der 1920er, aber den Bogen in das Berlin und die Welt von heute spannt Graf ganz entspannt. Historie ist für Graf nichts Statistisches, sondern sie steht im Austausch mit unserer Gegenwart, ist in ständiger Bewegung. Ob er uns in ‚Der rote Kakadu‘ (2005) in die DDR kurz vor dem Mauerbau entführt oder in *Die geliebten Schwestern‘ (2014) das Weimar von 1877 wiederbelebt – Graf blickt in die Vergangenheit und hat dabei die Gegenwart im Sinn, zeigt mit forschendem Drive auf, wie das politische Große und Ganze sich auf die privaten Beziehungen auswirkt und umgekehrt.
Graf ist ein Regisseur, der einerseits intellektuell das Kino in seinen ästhetischen wie inhaltlichen Möglichkeitsformen durchdringt, andererseits sinn- lich und sensibel seine Geschichten erzählt. Es sind oft Liebesgeschichten, zwischen Menschen, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenpassen, wie das in Der Felsen‘ (2002) der Fall ist. (…) Andererseits plädierte Graf auch schon provokativ für ‚Trivialitäten, Schocks und brüllendes Gelächter‘. Film, das muss auch Spaß machen, das ist doch klar! Insofern ist es nur zu begrüßen, dass Graf, der 2003 die Deutsche Filmakademie mitbegründete und Mitglied in mehreren Kulturinstitutionen ist, den Nachwuchs unterrichtet und fördert, dass er selbst unermüdlich weiterdreht. Wer sich Grafs letzten Münchner ‚Polizeiruf 110‘ mit dem Titel ‚Bis Mitternacht‘ angesehen hat, der durfte ein Kammerspiel genießen, effektiv in seiner Begrenzung von Zeit und Raum, hochspannend und gewitzt.
(…) Dominik Graf versteht es meisterlich, das Helle und Dunkle der Menschen, das Heimelige und Unheimliche der Stadt ins Bild zu rücken. Dafür und für eine einzigartige Karriere, in der er ästhetisch wie inhaltlich immer wieder neue Wege gegangen ist, mit unermüdlicher Neugierde und dem Willen, anspruchsvoll zu unterhalten, möchten wir ihn ehren.“
Der Preis wird voraussichtlich im Oktober 2022 im Rahmen einer geschlossenen Feier überreicht.
Rathaus Umschau 129/2022, veröffentlicht am 08.07.2022
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