Seit Februar 2009 gibt es den Bayerischen Prüfleitfaden, eine Alternative zum Pflege-TÜV der Bundesregierung. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer hat heute das Diakoniewerk München Maxvorstadt besucht und nach einem Rundgang, der einer heimaufsichtlichen Prüfung nach dem Prüfleitfaden nachempfunden war, über dieses Kontrollsystem für Pflegeheime in Bayern informiert.
“Der Prüfleitfaden ist von September 2007 bis Dezember 2008 von Praktikern der Heimprüfung entwickelt worden. Unter Einbindung aller wichtigen Fachrichtungen, die diese Prüfungen vor Ort auch tatsächlich durchführen: von Ärzten, Pflegefachkräften, Sozialpädagogen, aber auch Verwaltungskräften. Und er wird auch sukzessive weiter entwickelt werden,” erklärte die Ministerin.
Geprüft werden Pflegeeinrichtungen von Fachkräften aus den genannten Fachrichtungen. Ihre praktischen Erfahrungen sollen zur Weiterentwicklung des Bayerischen Prüfleitfadens genutzt werden.
Christine Haderthauer: “Für unsere Heimaufsicht ist es uns wichtig, dass wir die Ergebnisqualität bei der Prüfung in den Vordergrund stellen. Aufgehängt ist die Prüfung an sogenannten Schlüsselsituationen, d.h. ganz klassische Situationen, in denen sich die Lebensqualität in einer Einrichtung erschließt. Auch Dinge, die sehr sorgfältig angeschaut werden müssen, wie zum Beispiel der Umgang mit Freiheitseinschränkenden Maßnahmen oder auch mit Medikamenten.”
Nach dem Prüfleitfaden sollen Schlüsselsituationen – so die Angaben der Ministerin – zu 50% Gespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohnern umfassen, zu 30% sollen Gespräche mit Pflege-Mitarbeitern, der Einrichtungs-Leitung und dem jeweiligen Heimbeirat geführt werden. Die restlichen 20 % der Prüfung sollen sich strukturellen Gegebenheiten widmen.
Haderthauer: “Der wichtigste Schritt ist, dass wir einen Prüfbericht entwickelt haben, der in seiner veröffentlichten Form auch für Laien verständlich ist und der eine klare und verlässliche Aussage zur Qualität der Einrichtung trifft und dadurch natürlich Vergleichbarkeit bietet.”
Spätestens ab Januar 2011 sollen Berichte nach dem Bayerischen Prüfleitfaden veröffentlicht werden.
Die Ministerin kritiserte den Pflege-TÜV der Bundesregierung (das “Transparenz-Konzept” für die Heimprüfung durch die Pflegekassen), das gerade den wichtigen Punkt der Vergleichbarkeit – und damit der Transparenz – nicht erfülle:
“Es kommt soweit, dass zum Beispiel die Flüssigkeitsversorgung von Bewohnern schlecht bewertet wird – oder auch Medikamentenfehler -, und diese Einrichtung das dadurch ausgleichen kann, dass das Personal regelmäßig an Erste-Hilfe-Kursen teilnimmt. Also: Ergebnisqualitäts-Mängel können mit Struktur-Qualität sozusagen ausgeglichen werden. Das ist aus meiner Sicht eine Verschleierung und keine Herstellung von Transparenz.
Wenn ich dann einen 2er bekomme und weiß, dahinter stand ein 5er, was den Zustand der Bewohner angeht und vielleicht ein 1er, was die Regelmäßigkeit von Lehrgängen angeht, dann hilft das nicht wirklich weiter.
Aus meiner Sicht müsste es KO-Kriterien geben. Wenn bestimmte Dinge passieren, wie das BewohnerInnen/Bewohner dehydriert sind, dass muss zutage treten. Da kann ich nicht ausgleichen, indem ich sage: Mei, den anderen hat aber das Essen gut geschmeckt, passt scho.”
Auch die im Pflege-TÜV vorgesehene jährliche Prüfung kritisert Ministerin Haderthauer, denn es binde die Fachkräfte vor Ort: “Deswegen halte ich diese strikte Vorgabe des einjährigen Rhythmus für unnötig und fände es wichtiger, ordentlich zu prüfen, dann aber wieder auf einen regelmäßigen 3-jährigen Rhythmus zurückzugehen.”
Abschließend bezeichnete die Ministerin die Qualität der Pflegeheime als Zukunfts-Thema unserer Gesellschaft, dass immer stärker in die Mitte der gesellschaftlichen Dikussion verlagert werden muss.
Leider sei es oft noch so, dass viele Menschen sich erst dann mit diesem Thema beschäftigen, wenn sie selbst oder Angehörige pflegebedürftig würden: “Ich glaube schon, dass die Frage, wie wir mit pflegebedürftigen und mit alten Menschen umgehen, eine Frage ist, die jeden in unserer Gesellschaft beschäftigen sollte und die insgesamt die Qualität einer Gesellschaft ausmacht und Zeugnis gibt über den Anspruch, den eine Gesellschaft hat.”
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