Wird das Bayerische Familiengeld auf Sozialleistungen angerechnet?

Die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) während der Pressekonferenz
Die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) während der Pressekonferenz

„Sie sehen heute eine richtig wütende Sozialministerin“, sagt Kerstin Schreyer zu Beginn der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz im Sozialministerium.
Der Grund für ihre Wut ist eine Entscheidung des Bundesarbeitsministers, die heute Vormittag bekannt gegeben wurde: das Bayerische Familiengeld soll voll auf existenzsichernde Sozialleistungen wie Hartz IV angerechnet werden.

Bayern zahlt ab dem 1. September 2018 für jedes Kind im zweiten und dritten Lebensjahr (d. h. vom 13. bis zum 36. Lebensmonat) 250,00 Euro pro Monat, ab dem dritten Kind sogar 300,00 Euro pro Monat. Das Familiengeld erhalten Eltern für diejenigen ihre Kinder, die ab dem 1. Oktober 2015 geboren sind.
Es ist soll eine Leistung für alle Familien sein, unabhängig vom Einkommen oder der Erwerbstätigkeit. Das Familiengeld wird unabhängig davongezahlt, ob ein Kind eine Krippe besucht oder in der Familie betreut wird.
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Die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer hat die heutige Entscheidung des Bundessozialministers Hubertus Heil zur Anrechnung des Bayerischen Familiengeldes auf Hartz IV-Leistungen scharf kritisiert. „Die Haltung des Bundessozialministers ist für mich absolut nicht nachvollziehbar und rechtlich
schlichtweg falsch. Unser Bayerisches Familiengeld verfolgt ein komplett anderes Ziel als Hartz IV und geht über die bloße Existenzsicherung hinaus. Wir wollen damit die Erziehungsleistungen von allen Eltern anerkennen und honorieren.“

Schreyer: Anrechnung auf HARTZ IV kommt nicht in Betracht

Kerstin Schreyer: „Für uns kommt eine Anrechnung auf HARTZ IV nicht in Betracht. Wir werden das Bayerische Familiengeld wie geplant ab dem 1. September an alle auszahlen, selbst wenn der Bund uns das verbieten will.“

Zu der Frage, was geschehen werde, wenn tatsächlich ein ab September ausgezahltes Familiengeld von Sozialleistungen abezogen werde, erklärte die bayerische Sozialministern: „Entweder werden wir verklagt, weil wir das Familiengeld auszahlen. Das überstehen wir, weil wir rechtlich gewinnen werden. Im andern Fall – wenn Sozialleistungen entsprechend gekürzt würden – müssten die Familien jeweils klagen, Ich werde die Familien starkt dahingehend motivieren, dass sie das auch tun.“

Immerhin etwa 10 % der Familien, die das Bayerische Familiengeld erhalten können, beziehen Sozialleistungen. Tastsächlich würden diese Familien bei einer Anrechnugn auf die erhaltenen Sozialleistungen vom Bayerischen Familiengeld nicht profitieren.

Wahlkampf auf dem Rücken der sozial Schwachen?

Die SPD, so Kerstin Schreyer, habe hier einen harten Maßstab angelegt und wolle „den armen Familien in Bayern schaden“. Wahlkampf auf dem Rücken der sozial Schwachen sieht die Ministerin in der Entscheidung des SPD-geführten Bundesarbeitministeriums.
Profitieren vom neuen Familiengeld sollten „insbesondere auch Geringverdiener und Alleinerziehende“ (Webseite der CSU)  – und die CSU selbst will natürlich in Bezug auf die Landtagswahl mit dem Familiengeld auch und gerade bei finanziell schlecht gestellten Wählern Stimmen holen.
Die sozial- und familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, Doris Reuscher, kann die Kritik an Arbeitsminister Heil nicht verstehen, schließlich hätte von Anfang an juristische Bedenken gegeben, verbunden mit der Warnung, dass das Familiengeld nach der geltenden Rechtslage auf Sozialleistungen angerechnet werden müsse.
Davon will die bayerische Sozialministerin nichts wissen: „Bei uns sind keine Bedenken angekommen. Insofern wundert es mich, wenn Frau Rauscher Bedenken kennt, die mein Haus nicht kennt. Es ist insofern wieder spannend, wie die Prozesse laufen. Ich gehe davon aus, dass Frau Rauscher in keinster Weise mit der Bundesebene der SPD irgendeinen Kontakt hatte. Weder zu der Frage der Anrechenbarkeit noch zu sonst irgendetwas. Die SPD in Deutschland nimmt die SPD in Bayern nicht wahr. Das wäre jetzt das erste Mal, dass es einen Kontakt und eine Wahrnehmung gegeben hätte.“

Familien, die als Familiengeld-Empfänger – bei gleichzeitigem Bezug von Sozialleistungen – in Frage kommen, finden sich nun in der eigenartigen Situation wieder, dass vorerst nicht wirklich klar ist, wie die rechtliche Situation ist. Müssen wir uns das Famliengeld auf die Sozialleistungen anrechnen lassen? Lohnt es sich, gegen eine Anrechnung rechtlich vorzugehen? Was kommt am Ende heraus? Sollen wir nun überhaupt Familengeld beantragen? Und wem haben wir diesem Schlamassel zu verdanken?

Schlecht, wenn es in Wahlkampfzeiten hierauf keine verbindlichen Antworten gibt.

Audio: Statement Sozialministerin Kerstin Schreyer

Statement der Ministerin

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Häufige Fragen zum Familiengeld
A) Häufige Fragen zum Familiengeld

Der Bayerische Landtag hat am 11. Juli 2018 das Bayerische Familiengeldgesetz beschlossen. Das Bayerische Familiengeldgesetz  (BayFamGG) ist zum 1. August 2018 in Kraft getreten.
Antworten auf wichtige Fragen rund um das neue Familiengeld finden Sie hier.

B) Weitere Informationen zur Frage einer Anrechnung des künftigen Familiengeldes hat das Sozialministerium in einer PDF-Datei  zusammengestellt.